StuPa-Wahl, Teil 1: Eine historisch niedrige Wahlbeteiligung

Ein Kommentar von Radius 92.1-Redakteur Marc Klug

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Vor wenigen Wochen sind an der Uni Siegen zum 48. Mal die Wahlen zum Studierendenparlament, kurz StuPa, durchgeführt worden. Durch die Corona-Pandemie ist einiges anders gelaufen als in den Jahren zuvor, allen voran der Wahlvorgang:

Wahlbeteiligung nur durch Briefwahl

Durch den Lockdown ist der Campus menschenleer. Und weil keine Studierende an der Uni sind, heißt das auch: Keine Wahlwerbung mit Plakaten und Aktionen am Campus, keine Interaktion mit potenziellen Wähler:innen – und noch viel schwerwiegender: Keine Wahlstände vor Ort. Dieses Mal gab es keine Urnen, an denen wenigstens der Publikumsverkehr sein Kreuzchen macht. An der StuPa-Wahl im Jahr 2021 konnten sich Studierende nur beteiligen, wenn sie vorher pünktlich ihre Briefwahlunterlagen beantragt haben.              

300 Spartaner:innen wehren sich gegen Nichtwähler:innen

Es war zu befürchten, dass die Wahlbeteiligung dadurch noch einmal abnimmt. Und so ist es gekommen: Insgesamt sind 299 gültige Stimmen eingegangen. Oder, anders formuliert: Rund 300 Spartaner:innen haben sich mit ihren Briefwahlzetteln bewaffnet, um ihr akademisches Volk von der herrschenden Macht der Nichtwähler:innen zu befreien. Bleibt zu hoffen, dass sie in der nächsten Schlacht ein größeres Heer versammeln können.

Fakt ist: Was bei der 48. StuPa-Wahl an Stimmen zusammengekommen ist, ist weniger als ein Fünftel von dem, was noch im Dezember 2019 zu Buche stand. Damals waren 1 631 Stimmen eingegangen. Die Wahlbeteiligung ist von ohnehin mageren 6,59 Prozent auf mickrige 1,58 Prozent gesunken. Wenn man bedenkt, dass über 18 000 wissbegierige Menschen an der Uni Siegen studieren, dann ist diese Ausbeute traurig.

Verzicht auf Urnen = Verzicht auf Stimmen?

Grund für die niedrige Wahlbeteiligung sind mit Sicherheit die Corona-Pandemie, aber auch der Wahlvorgang selbst. Es war zu erwarten, dass der Verzicht auf Wahlurnen einem Verlust an Stimmen gleichzusetzen ist. Denn Briefwahlen sind mit mehr Aufwand verbunden als ein kurzer Halt an der Wahlurne auf dem Campus, an der man auf dem Weg zum Kurs eh vorbeiläuft. Um die Zettel anzukreuzen, müssen Wähler:innen proaktiv werden.

Genauer musste bis zum 5. Februar eine formlose Mail an den Wahlausschuss verfasst werden, mit einem Bild vom Personal- und Studienausweis im Anhang. Hierbei stellt sich natürlich die Frage des Datenschutzes. Um solchen Bedenken vorzubeugen, konnten auf dem Perso alle Daten außer Name, Geburtsdatum und Gültigkeitsdatum geschwärzt werden. Das Passfoto musste man dem Wahlausschuss beispielsweise nicht präsentieren.

Ob das, verbunden mit der Garantie, dass die Daten vertraulich behandelt werden, ausreicht, muss jede:r für sich entscheiden. Durch die Corona-Pandemie und den Lockdown ist dieser Weg zur Beantragung der Briefwahl-Unterlagen allerdings wohl genauso alternativlos wie der Verzicht auf Wahlurnen, wenn der Campus nicht betreten werden darf.

Was aber kann man tun, damit sich bei der nächsten StuPa-Wahl mehr wahlwillige Spartaner:innen versammeln?

Eine mögliche Antwort darauf liefert ein Blick über die Landesgrenze. An der Universität Gießen gab es im Sommer 2020 eine Wahlbeteiligung von 16,4 Prozent. Klar, hatte Gießen etwas andere Voraussetzungen, weil die StuPa-Wahl trotz Corona zu einer Zeit war, in der auch die Stimmabgabe über eine Wahlurne möglich war.

Nichtsdestotrotz ist es an der hessischen Uni auch möglich, über einen digitalen Weg für die StuPa-Wahl abzustimmen. In Gießen hat man dafür auf das von der Uni Jena mitentwickelte System „Polyas“ zugegriffen. Dazu kommt, dass jeder und jede Studierende in Gießen die eigene Studienbescheinigung persönlich abholen muss – und in dem Zuge einen Zettel zur Beantragung von Briefwahlunterlagen mit in die Hand gedrückt bekommt.

Online-Wahlen auch in Siegen?

Dieses Beispiel zeigt, dass Online-Wahlen und vielleicht auch eine bessere Kommunikation der Briefwahl gute Gegenmittel gegen eine niedrige Wahlbeteiligung sein können. Um solch ein System in die Wege zu leiten, müssen freilich Faktoren wie Finanzierung oder Datenschutz geklärt werden. Angesichts der minimalen Wahlbeteiligung, sollte bis zur nächsten StuPa-Wahl im Wintersemester 21/22 zumindest geprüft werden, ob sich eine digitale Lösung auch in Siegen umsetzen lässt.

Mehr Hintergründe zur StuPa-Wahl:

StuPa-Wahl, Teil 2: Eine polarisierende Angelegenheit (hier klicken)

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