An der Universität Siegen steigen die Preise für das Mensa-Essen zum Sommermester Anfang April. Betroffen sind die Mensen Emmy-Noether-Campus, die neue, renovierte Mensa am Adolf-Reichwein-Campus, sowie die neue Mensa in der Innenstadt am Unteren Schloss. Gegen die Erhöhung gibt es seit 22.01. die Online-Petition “Mensapreise menschlich gestalten”, die mittlerweile rund 900 Unterstützende hat. Drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Emmy-Noether-Campus haben die Online-Petition gestartet.
Das Radius 92.1 Hochschulpolitik-Magazin Logbuch berichtet über Petition, Hintergründe sowie Ansichten des Studierendenwerks Siegen und des AStAs der Uni Siegen.
Bericht aus der Logbuch-Sendung vom 30.01.2020 zum Nachhören:
Für Dienstag, den 28.01., wurden in der Petition zudem alle Mitglieder der Universität Siegen dazu aufgefordert, in den Mensen nur selbstmitgebrachte Speisen zu verzehren. Ob die Aktion von Bediensteten und Studierenden unterstützt wurde und welche Auswirkungen es gab:
Mehr Informationen:
Wie stark steigen die Preise?
Preise für Studierende
seit 01.03.2014 | ab 01.04.2020 | |
Eintopf | 1,50 € | 2,00 € |
Stammessen / Tellergericht | 2,20 € | 2,90 € |
Menü / Vegetarisch | 2,70 € | 3,50 € (4,50 €)* |
* bei der bisherigen Beilagenzahl von drei Beilagen
Preise für Bedienstete
seit 01.03.2014 | ab 01.04.2020 | |
Eintopf | 3,00 € | 5,00 € |
Stammessen / Tellergericht | 3,70 € | 6,75 € |
Menü / Vegetarisch | 4,40 € | 7,60 € (8,60 €)* |
* bei der bisherigen Beilagenzahl von drei Beilagen
Warum steigen die Preise?
Gestiegene Kosten und 2,5 Mio-Defizit im Gastrobereich
Studierendenwerk-Geschäftsführer Detlef Rujanski erklärt im Radius 92.1-Interview, dass die Kosten, die das Studierendenwerk für den Gastro-Bereich ausgeben muss, gestiegen sind. Hierzu zählen Personalkosten, Warenkosten oder Betriebskosten. Im Gastrobereich habe das Studierendenwerk zurzeit ein Defizit von rund 2,5 Millionen Euro. Ob dieses Defizit durch die Preissteigerungen tatsächlich ausgeglichen werden kann, lasse sich noch nicht vorhersagen.
Letzte Erhöhung vor sechs Jahren
Eigentlich werden die Mensapreise alle drei Jahre angepasst, erklärt Rujanski. Aufgrund der Baustellen- und damit einhergehenden Übergangs-Situation am Adolf-Reichwein-Campus habe man 2017 jedoch auf eine Preiserhöhung verzichtet. Mit dem Umzug der Mensa in die neuen, renovierten Räumlichkeiten, würde nun die erste Preisanpassung seit sechs Jahren vorgenommen, die dementsprechend stärker ausfalle als eine Erhöhung nach drei Jahren.
Größeres veganes Angebot
Neue Essens-Angebote sind ein weiterer Grund, warum die Preise laut Rujanski steigen: In der neuen Mensa soll es ein neues veganes Standard-Angebot geben. Diese veganen Waren seien deutlich teurer als die bisherigen. Es seien beispielsweise aber auch die Fleischpreise in den letzten sechs Jahren gestiegen.
Kein Zusammenhang mit Kosten der neuen Mensa
Die steigenden Essenspreise haben laut Rujanski nichts mit den Kosten für den Bau der neuen Mensa am Unteren Schloss oder den Kosten für die Renovierung der Mensa am Adolf-Reichwein-Campus zu tun. Diese Kosten muss das Studierendenwerk nicht zahlen. Das Studierendenwerk bekommt die Räumlichkeiten von der Universität zur Verfügung gestellt und ist selbst nur für die Zahlung der Betriebskosten zuständig.
Anhebung des Sozialbeitrags keine Lösung
Auf Vorschlag des AStAs sei eine Erhöhung des Sozialbeitrags geprüft worden. Diesen Beitrag müssen Studierende jedes Semester an das Studierendenwerk zahlen. Ein Teil davon (rund 900.000 Euro von rund 1,8 Millionen Euro) fließt in die Subventionierung der Mensapreise für Studierende. Der Beitrag beträgt aktuell 90,50 Euro und hätte laut Rujanski auf rund 103 Euro steigen müssen. Rein theoretisch sei dies möglich gewesen, ein Anheben des Sozialbeitrags sei strukturell jedoch unsauber. Dort, wo Dinge genutzt würden, beispielsweise Mieten in Wohnheimen oder Essen in Mensen, müssten die Nutzenden zahlen. Ähnlich verhält es sich mit den Rücklagen und Gewinnen des Studierendenwerks, auch diese können nicht für die Subventionierung von Mensa-Essen genutzt werden.
Warum steigen die Preise für Bedienstete so stark?
Das Essen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurde bisher, wie das Essen für Studierende, auch subventioniert. Die Subventionen setzten sich aus Geldern des Landes Nordrhein-Westfalen sowie aus Teilen des Sozialbeitrages, den Studierende jedes Semester an das Studierendwerk Siegen zahlen (rund 90 Euro) zusammen. Der Landesrechnungshof beanstandete, dass das Essen für Bedienstete teilweise mit Geldern von Studierenden subventioniert wurde und wies die Studierendenwerke in NRW dazu an, die Subventionen für Essen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu beenden. Daher bezahlen diese, ebenso wie Gäste, ab April die vollen Kosten für das Essen. Einen Unterschied gibt es bei der Mehrwertsteuer: Während für Bedienstete der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent gilt, muss das Studierendenwerk bei Gästen 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnen. Der Wegfall der Subventionen für Bedienstete werde sich auch noch an anderen Universitäten in NRW bemerkbar machen, so Rujanski.
Welche Auswirkungen könnten die steigenden Preise haben?
Schwierigkeiten für Bedienstete mit geringerem Einkommen
Die Autoren der Petition sehen die Gefahr, dass es sich künftig nicht mehr alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten können, ein Tellergericht oder Menü für rund sieben Euro pro Tag zu kaufen. So sagte uns eine Bedienstete der Universität, dass sie in ihrer Teilzeitstelle rund 1.700 Euro netto pro Monat verdiene. Eigener Einschätzung nach sei sie damit im mittleren Gehaltssegment der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Verwaltung und Technik. Sie könnte sich die zukünftigen Mensapreise nicht mehr leisten, befürchtet sie.
Schwierigkeiten für manche Studierende
Christina Schürle, AStA-Referentin für Kooperation, weißt darauf hin, dass Studierende oftmals faktisch unterhalb der Armutsgrenze leben würden. Es sei kritisch zu sehen, wenn Studierende sich aussuchen müssten, ob sie für ein gesundes, qualitativ hochwertiges, aber teureres Essen in die Mensa gingen oder sich aufgrund der Preise nur ein günstigeres, belegtes Brötchen holen könnten.
Mensa als Ort der Begegnung in Gefahr
Die Autoren der Petition befürchten, dass die Mensa künftig kein Ort der Begegnung sein könnte. Insbesondere bei der neuen Mensa in der Innenstadt gebe es anderweitig Konkurrenz durch günstigeres, aber qualitativ minderwertiges Essen. Dieses würde von einigen Menschen aufgrund der Preisersparnis eher genutzt werden, als das qualitativ hochwertigere Mensa-Essen. Durch günstigere Preise könnte die Mensa am Unteren Schloss eher eine attraktive Möglichkeit für Studierende sein. Generell sei durch die Preiserhöhungen die Mensa als ein Ort, an dem sich Studierende, Dozierende und Mitarbeitende zum ungezwungenen Austausch treffen könnten, in Gefahr.
Kritik an Kommunikation der neuen Preise
Kritisierende, sowohl Autoren und Unterzeichnende der Petition als auch Mitglieder des AStAs, kritisieren die Kommunikation des Studierendenwerks und finden eine Veröffentlichtung der Preise rund vier Monate vor Inkrafttreten zu spät.
Studierendenwerk-Geschäftsführer Rujanski erklärt im Radius 92.1-Interview, dass die Anpassung bereits im Juni 2019 vom Verwaltungsrat des Studierendenwerks beschlossen wurde. Im Verwaltungsrat sitzen Repräsentantinnen und Repräsentanten von allen Mitglieder-Gruppen der Universität. Später sei dann der AStA sowie der Senat der Universität informiert worden. Durch die Unterrichtung des Senats im Dezember sei das Thema dann rechtzeitig in die Öffentlichkeit gekommen. Als Grund für die Veröffentlichung im Dezember nennt Rujanski, dass die Preiserhöhung an den Umzug der Adolf-Reichwein-Mensa in die renovierten Räumlichkeiten gekoppelt sei. Die neuen Preise sollten erst bekannt gegeben werden, als der Starttermin für die Mensa und damit der Starttermin für die neuen Preise feststanden.
Kritisierende der Preise schätzen aktuelles Mensa-Angebot
Alle Kritikerinnen und Kritiker der Preiserhöhung, mit denen wir gesprochen haben, schätzen das Studierendenwerk, die Mensen, die Mensa-Mitarbeitenden und das bestehende Essens-Angebot sowie die Qualität generell sehr. Auch wären alle, insbesondere die Bediensteten, bereit, mehr zu bezahlen, da Preisanpassungen in einem gewissen Rahmen verständlich und notwendig seien. Kritisiert wird vor allem die Art und Weise der Kommunikation der neuen Preise, sowie die Höhe der Preiserhöung.
Wie geht es weiter?
Petition läuft noch rund zwei Monate
Die Online-Petition “Mensapreise menschlich gestalten” der Bediensteten läuft noch rund zwei Monate. Diese kann hier angesehen und unterschrieben werden. Aber: Auch wenn die Petition erfolgreich wäre, an der Preisgestaltung werde sich vorerst nichts mehr ändern, so Studierendenwerk-Geschäftsführer Rujanski.
Preise für Bedienstete sollen wieder sinken
Studierendenwerk-Geschäftsführer Rujanski wies darauf hin, dass er nach einem Weg suche, die Preise für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder zu senken. Es erschließe sich ihm nicht, warum das Land NRW an anderen Stellen im öffentlichen Bereich Kantinen subventioniere, aber die Mensen der Universität nicht in der Form subventioniert würden. Hierzu suche er das Gespräch mit der Universität Siegen und dem Land. Für Studierende seien die Steigerungen aus Sicht des Studierendenwerks mit Blick auf Kosten und Essensqualität jedoch verträglich, auch wenn verständlich sei, dass Preissteigerungen generell kein erfreulicher Anlass seien. Auch der AStA-Vorsitzende Alexander Steltenkamp fordert das Land dazu auf, die Zuschüsse zu erhöhen.
Die offizielle Mitteilung des Studierendenwerks gibt es auf der Homepage der Uni Siegen.